In die Debatte um den möglichen Bau einer Umfahrungsstraße für Weilheim haben sich nun die Naturschützer eingeschaltet – mit einer lauten Warnung.
Alle oberirdischen Trassen, ob im Osten oder Westen, würden Natur und Landschaft massiv und nachhaltig zerstören oder massiv beeinträchtigen.
Der Stadtrat wird dringend aufgefordert, gegen jegliche oberirdische Umfahrung zu stimmen.
Die gemeinsame Stellungnahme vom Februar 2020 haben alle in Weilheim aktiven Naturschutzverbände unterschrieben – der Bund Naturschutz, der Landesbund für Vogelschutz, die Schutzgemeinschaft Weilheimer Moos – und der AGENDA-Arbeitskreis Natur.
Dieser naturschutzfachlichen Einschätzung zufolge würden sämtliche oberirdische Trassenvarianten Biotope, Lebensraumtypen und Arten nachhaltig zerstören oder massiv beeinträchtigen, die nach Landes- und Bundesrecht sowie nach europäischer FFH-Richtlinie geschützt sind.
Diese Zerstörung ist vermeidbar, schreiben die Naturschützer, nämlich durch eine optimierte Unterfahrungs- bzw. Tunnellösung für die Straße.
Machbare Tunnelvarianten dürften nicht durch willkürliche ‚Wirtschaftlichkeitsdefinitionen’ der Straßenbauverwaltung ausgeschlossen werden. Das Staatliche Bauamt habe bis heute trotz zahlreicher Hinweise aus der Öffentlichkeit keine machbaren Tunnelvarianten detaillierter ausgearbeitet.
Ein möglicher Ausgleich oder Ersatz für unvermeidbare Beeinträchtigungen von Naturschutzgütern wäre kaum oder gar nicht möglich, heißt es in der Erklärung.
Bei einer ortsfernen Ostumgehung wären zu Beispiel ein besonders hochwertiger nährstoffarmer Stillgewässerkomplex betroffen, in dem Algen, Libellen und Heuschrecken vorkommen, die auf den ‚Roten Listen’ gefährdeter Arten stehen.
Der dort wachsende ‚Kriechende Sellerie’ ist in Deutschland extem selten, und ist deshalb streng geschützt. Die mageren Flachlandmähwiesen an der Südwest-Flanke des Gögerl stellen einen gesetzlich geschützten Lebensraumtyp dar, der durch einen tiefen Trasseneinschnitt verloren gehen würde.
Beide Osttrassen würden zudem die nahe am Tennisheim eingerichteten Biotope für Laubfrosch und Zauneidechsen zerstören oder drastisch verkleinern.
Die geplanten Westvarianten wären keinesfalls „naturverträglicher“, da eine Zerstörung und Beeinträchtigung der Natur per se nicht „naturverträglich“ sein könne.
Beim Bau einer Westumfahrung würde zum Beispiel ein Storchennest am westlichen Stadtrand sehr wahrscheinlich aufgegeben. Schutzgebiete von europäischem Rang (sog. FFH-Gebiete) würden tangiert oder zerschnitten, und damit Lebensräume vieler geschützter Tier- und Pflanzenarten bedroht oder vernichtet (z.B. Kiebitz, Braunkehlchen, Fledermäuse, Kleeseide und seltene Orchideen).
Auch vor den Folgen für die Menschen wird in der Stellungnahme gewarnt. Alle Ostvarianten würden die Erholungslandschaft für die Weilheimer Bevölkerung zerstören, insbesondere im Norden zum Dietlhofer See, nach Osten zur Hardtlandschaft sowie nach Süden zum Gögerl. Die Schutzansprüche der Anwohner gegen Lärm und Feinstaub würden durch die geplanten Trassen massiv beeinträchtigt. Auch die Siedlungsentwicklung im Osten wäre stark behindert.
Die gemeinsame Stellungnahme besteht aus 2 Dokumenten, die hier zum Runterladen verfügbar sind:
- Naturschutzfachliche Einschätzung der Folgen durch geplante Ostvarianten der Umfahrung – verfasst von BN, LBV und AK Natur
- Das Weilheimer Moos – ökologische Bedeutung und mögliche Gefährdungen durch eine Umfahrung im Westen Weilheims – verfasst von der Schutzgemeinschaft Weilheimer Moo
Bild: Grafik aus Stellungnahme von BN, LBV, AK Natur zu Folgen einer Ostumfahrung Weilheim – Hotspots entlang der Trassen; mit Sumpfheidelibelle (Foto: Andreas Thomas Hein, Wikimedia)
Ich finde Argumente, dass der „kriechende Sellerie“ gefährdet ist oder ein einzelnes Storchennest im Weg steht, ehrlich gesagt etwas lächerlich.
Was mich aber an allen Umfahrungsvarianten stört ist, dass es für uns Menschen in dieser lärmenden Welt immer unerträglicher wird. Die Bundestrassen entwickeln sich immer mehr zu Schnellstrassen wie wir sie von Österreich kennen (mit den bekannten Folgen). Es muss ein generelles Umdenken einsetzen, damit unsere Kindeskinder auch noch eine lebenswerte Umwelt haben. Der Mensch und seine Umgebung (natürlich auch die Tierwelt) muss oberste Priorität haben und darf nicht länger dem Strassenverkehr untergeordnet werden.
Es wurden in der Vergangenheit genüg Sünden gemacht und so viel Natur unwiederbringlich zerstört…. so kann es einfach nicht weiter gehen.. und das sollte bei jeder Entscheidung unser aller Ziel sein.